Dem Guardian ist in diesem Artikel ein lehrreicher und typischer Fehler bei der Übernahme einer Agenturmeldung unterlaufen. Der Artikel ging mit der Headline “Britain’s most popular baby boy’s name? Muhammad” live.
Hier der entsprechende Screenshot:
Wenig später erkannte man beim Guardian, dass die Aussage des Artikels in der zugespitzten Form nicht haltbar war. Die Artikel stützte sich auf Daten aus einer Umfrage der Seite BabyCentre, suggerierte aber eine Repräsentativität für die Gesamtbevölkerung in Großbritannien.
In einer Überarbeitung des Artikels wurde der Titel relativiert: “Britain’s most popular baby boy’s name? Muhammad, survey claims”
Im Anreisser wurde auch nicht mehr festgestellt, dass die BabyCentre Website einen Anstieg arabischer Namen “enthüllt” (“reveals”) habe, sondern dass sie das lediglich “behaupte” (“says”). Ein beigestellter Artikel des Guardian Data Blog beleuchtete die tatsächliche Faktenlage.
Hier der Screenshot des aktualisierten Artikels:
Eine Erklärung über die Editierung des Artikels:
Und der Datablog Artikel, der den Umfragedaten der Webseite BabyCentre, repräsentativere Zahlen zur Namensstatistik entgegenhält. Die zuvor behauptete Topposition von “Muhammad” als populärster Bubenname 2014 wird durch die offiziellen Zahlen von 2013 widerlegt. Muhammad liegt auf Platz 15 und ist auch bei Berücksichtigung verschiedener Schreibweisen nicht auf Platz 1 (weil dann auch für andere Namen verschiedene Schreibweisen zusammengefasst werden müssten, etwa “Oliver” und “Ollie”).
In einem weiteren Artikel beleuchtet der Guardian schließlich die “Wahrheit über Britanniens missverstandensten Namen Muhammad”:
So why does the story keep returning? Partly, perhaps, because it plays on fears of both immigration and cultural change. While Muslims make up 4.4% of the UK population, a more significant factor is that, while the rest of the population is increasingly choosing from a wider pool of names (think Tyrion and Piper, apparently inspired by Game of Thrones and Orange is the New Black), Muslims are sticking with Muhammad.
Der Guardian kratzt mit dieser offensiven Auseinandersetzung mit einem Quellenfehler also nochmal die Kurve und dreht das Thema glaubwürdig weiter.
Lessons learned:
- Quellen für Daten hinterfragen
- Repräsentative Daten der Gesamtbevölkerung? Oder ein Sample aus einer Umfrage von einer (nicht repräsentativen) Seite oder Studie?
- Wer ist der Absender der Daten, wer hat sie erhoben? Wie? Mit welchem Interesse?
- Ein Beispiel für Data driven marketing: eine scheinbar objektive Story mit hohem Newswert steigert die Aufmerksamkeit für die Webseite BabyCentre