Österreichs Abfallwirtschaft in 1.000 Worten

Wir produzieren täglich mehr Müll. Das zeigen nicht nur weltweit Bilder und Videos, besonders aber Daten aus der Abfallwirtschaft der letzten Jahre machen diese Aussage zu einer Tatsache. Bevölkerungszuwachs, Produktions- und Konsumsteigerung, wie auch die Begrifflichkeit der Wegwerfgesellschaft sind mit ein Grund für diese Entwicklung. Aussichtslos wirkt die Situation, kratzt man die Thematik nur oberflächlich an; wirft man allerdings einen Blick hinter die Kulissen, sieht es in Österreichs Abfallwirtschaft eigentlich gar nicht so trist aus. Ein Erklärungsversuch in 1.000 Worten.

First things first – Was ist denn eigentlich “Abfall”?

Als Abfall bezeichnen wir laut Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (kurz AWG 2002) alljene Dinge, derer wir uns “entledigen möchten oder schon entledigt haben.” Diese Definition macht Abfall daher nicht automatisch zu Müll. Für andere Personen, vor allem auch für Unternehmen, ist Abfall ein Rohstoff und lukratives Handelsgut. Deklariert man eine Sache einmal als Abfall, wird sie mithilfe des österreichweiten Abfallkatalogs ÖNORM S-2100 einer passenden Kategorie zugewiesen. International gilt der European Waste Catalogue (kurz EWC). Jede dieser Kategorien ist mit einer Schlüsselnummer gekennzeichnet, was eine einheitliche Handhabung und Verständnis von Abfällen gewährleistet, auch über die Branchengrenzen hinweg.

Woher kommen Österreichs Abfalldaten eigentlich und wie werden sie erhoben?

Zumindest alle sechs Jahre erscheint nach AWG 2002 der Bundesabfallwirtschaftsplan (kurz BAWP), in dem die aktuelle Abfallsituation des Bundes und bereits durchgeführte und geplante Maßnahmen zur Vermeidung und Behandlung von Abfällen diskutiert werden. Zu einem großen Teil werden industrielle und gewerbliche Abfälle, aber auch Haushaltsabfälle thematisiert. Mit dem ersten BAWP im Jahr 1992 wurden bis 2017 sechs weitere Pläne vom Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus veröffentlicht.

Alle bisher erschienenen Bundesabfallwirtschaftspläne, 1992 bis 2017
Alle bisher erschienenen Bundesabfallwirtschaftspläne, von 1992 bis 2017.

Ergänzend führen auch die einzelnen Bundesländer in individuellen Landesabfallwirtschaftsplänen (kurz LAWP) nach Möglichkeit jährliche Aufzeichnungen. Die aufgezeichneten Daten zwischen den bundes- und den landesweiten Plänen variieren dabei insoweit, als sich die Zeitpunkte, die Methoden und die Genauigkeit der statistischen Erfassung, aber auch die Abfallsammelsysteme an sich und damit die Datengrundlage über die Jahrzehnte wiederholt verändert und weiterentwickelt haben. Bund und Länder wiederum bekommen ihre Daten unter anderem von den einzelnen Abfallsammelstellen, die den beispielsweise durch Lastwägen angelieferten Abfall per Brückenwaage aufzeichnen.

Und wie sehen nun die Zahlen zu Österreichs Haushaltsabfällen aus?

In den vergangenen 28 Jahren sind die gesamten Abfallmengen aus Haushalten in Österreich um über 75% gestiegen. Diese Steigerung hat selbstverständlich mit der Sache an sich zu tun – wir produzieren, konsumieren und entsorgen einfach mehr als früher – auf der anderen Seite gibt es noch andere zusätzliche Faktoren, die die Genauigkeit der Daten schwer beeinflussen. Zu einem kleinen Teil ist das beispielsweise die Entwicklung der Genauigkeit von statistischen Erhebungsmaßnahmen, vor allem aber auch die abfallbezogene Gesetzeslage, die im Laufe der Zeit immer umfangreichere, akkuratere und regelmäßigere Datenerfassung vorschrieb.

Nicht nur die getrennte Sammlung, auch die getrennte Erfassung bestimmter Abfallkategorien hat sich erst im Laufe der Zeit durch Gesetzesvorlagen etabliert. Beispielsweise begann man erst mit dem Jahr 2003 Elektro- und Elektronikaltgeräte gesondert zu erfassen. Verpackungsmetalle und Verpackungsschrott (sperrige Metalle) hält man erstmals 1997 getrennt fest. Auch dadurch sind leichte Abweichungen zur obigen Darstellung durchaus möglich.

Sieht man sich auf der einen Seite die steigenden Abfallmengen aus Österreichs Haushalten an, muss man auf der anderen Seite auch die steigenden und aktuellen Bevölkerungszahlen ins Auge fassen. Setzt man erst diese beiden Punkte in Relation, lässt sich die ursprüngliche Aussage, wir würden mehr Müll produzieren, deutlich bebildern. Hier zeigt sich eine landesweite Steigerung der individuellen Abfallmengen.

Entwicklung der Haushaltsabfälle in Kilogramm pro Einwohner nach Bundesländern

Und wie genau funktioniert Abfallwirtschaft?

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden die ersten Ansätze in Richtung Abfallsortierung gemacht. Seitdem hat sich viel verändert. In der Zeit von 1980 bis 1990 etablierte man schließlich ein Sammelsystem. Haushaltsabfälle waren ab da an getrennt voneinander zu sammeln und zu verwerten. Bis heute findet man im eigenen Haushalt oder in Wohnungsnähe Sammelbehälter für Altpapier, die braune Biomülltonne, einen Altglascontainer für getrennte Sammlung von Weiß- und Buntglas, eigene Sammelbehältnisse für Metall und Metalldosen, für Plastikflaschen und die schwarze Restmülltonne. Besonders wichtig ist beim Mülltrennen zusätzlich ein Behältnis für Sondermüll, wie beispielsweise Medikamente, Fette, Batterien und sonstige Problemstoffe. Sperriger Abfall kann jederzeit an deklarierte Mistplätze gebracht werden. Vorort erhält man auf Wunsch auch zusätzlich Beratung zur ordnungsgemäßen Entsorgung.

Von den Tonnen und Säcken vor der Haustüre kommt der Abfall in unterschiedlichste Verwertungs- und Aufbereitungsanlagen. Dort werden alle Stoffe gewogen, noch einmal sortiert und bei Bedarf vorbehandelt.

Wo eine Wiederverwendung nicht wirtschaftlich möglich erscheint, findet eine Wiederverwertung statt, um sogenannte Sekundärrohstoffe zu erzeugen. Biologische und Grünabfälle, fermentiert beziehungsweise kompostiert, erzeugen, wie auch die Aufbereitung und Verbrennung anderweitiger Abfallsorten, Energie in Form von Dampf, Strom und Wärme. Somit wird Abfall auf die eine oder andere Weise wieder in die Wirtschaft rückgeführt. Alle diese Vorgänge finden in ganz Österreich in insgesamt 1.945 Behandlungsanlagen und 1.004 Deponien statt. Nur mehr wenige schwer verwertbare Abfälle werden heutzutage zur endgültigen Beseitigung deponiert, auch da seit 2004 die gesetzliche Regelung besteht, keine unbehandelten Abfälle deponieren zu dürfen.

Warum sollte man also das Thema Abfall nicht nur negativ sehen?

Spricht man heutzutage von Abfällen, darf man neben der negativen Konnotation die anderen, positiveren Seiten des Themas auf keinen Fall außer Acht lassen, beinhaltet der Überbegriff Abfallwirtschaft neben der Müllsammlung auch dessen Behandlung, Verwertung und Beseitigung. Zwar sind Konsum und Verbrauch über die letzten Jahre stark angestiegen, die Abfallwirtschaft hat sich dieser Entwicklung allerdings laufend angepasst – durchschnittlich 59 Prozent der Abfallmengen aus Haushalten werden wiederverwertet. Im Europavergleich steht Österreich an sehr hoher Stelle. Die österreichischen Unternehmen der Abfallwirtschaft sind international bereits federführend.

Auch in der Abfallwirtschaft wird laufend Forschung betrieben, um einerseits bereits bestehende Prozesse zu effektivieren, und andererseits für zurzeit noch ausschließlich deponierbare Abfälle eine Behandlungsmöglichkeit zu finden. Besonders intensiv wird aktuell an der Digitalisierung des Sammel- und Sortiersystems gearbeitet, an einer Abfallwirtschaft 4.0, um längerfristig höhere Recyclingquoten für nichtgefährliche gemischte Abfälle erzielen zu können. Die Montanuniversität Leoben hat es sich dahingehend zum Ziel gesetzt, mit ihrem Projekt ReWaste4.0 genau diesen Themenbereich zu erforschen.

Und, Lust aufs Müll-Trennen bekommen?

Wer nicht schon längst dahinter ist, kann sich zum Thema Müll-Trennen durch diese Links klicken. Es ist nie zu spät, um damit anzufangen. Wir tun damit nicht nur Umwelt und Gesellschaft etwas Gutes. Durch Vermeidung und korrekte Entsorgung werden Dinge, die wir als Abfall bezeichnen, für andere zu neuen Rohstoffen. Und im Zuge des Kreislaufes vielleicht auch wieder für uns selbst!

Bau keinen Mist! – Stadt Wien
Alphabet der Mülltrennung – IKB
Weltmeister Österreich – ARA